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SCHÜTZEN UND BEGLEITEN
6.3 VERHALTENSREGELN den normalen wöchentlichen Angeboten. Hier besteht auch
erhöht das Risiko, dass auch andere Teilnehmende zu Tätern
Zusätzlich zum Verhaltenskodex ist es hilfreich, Verhaltensre- werden können. Dazu kommt, dass oft auch andere Personen
geln festzulegen, die den Kodex in der Praxis konkret werden mit den anvertrauten Kindern und Jugendlichen zu tun haben,
lassen. Diese Verhaltensregeln sollten der jeweiligen Situation wie z.B. Busfahrer, Hauseltern oder auch Küchenpersonal.
angepasst werden und dienen nicht nur dem Schutz der Kin-
der und Jugendlichen, sondern auch der Mitarbeitenden. Die Erfahrung zeigt, dass Kinder und Jugendliche auf Frei-
zeiten eher bereit sind, über zu Hause erlittene Gewalterfah-
Eine erfundene Verdächtigung kann schwere Folgen für den rungen zu berichten. Daher ist es auf Freizeiten besonders
Betroffenen haben und die Mitarbeit schnell beenden. wichtig, den Verhaltenskodex und Verhaltensregeln durchzu-
sprechen und gegebenenfalls neu zu vereinbaren.
Folgende Verhaltensregeln sind eine Empfehlung und ha-
ben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und können je nach Folgende Regeln sind für Freizeiten wichtig:
Situation angepasst werden7: Jungs und Mädchen schlafen in getrennten Räumen (dies
gilt auch bei Outdoor-Übernachtungen).
Allgemein Die Zimmer der Teilnehmenden sind keine
Gespräche über Sexualität müssen immer auf Aufenthaltsorte, sondern Rückzugsmöglichkeiten
Freiwilligkeit beruhen. Bei solchen Themen ist sensibel für jeden Teilnehmenden. Daher besucht jeder nur
auf die Grenzen aller Anwesenden zu achten. das Zimmer, in dem er auch selbst untergebracht
In allen Situationen sollte möglichst eine Öffentlichkeit ist. Die Mitarbeitenden haben die Aufgabe, genug
vorhanden sein, bzw. hergestellt werden. Das bedeutet: Begegnungsmöglichkeiten außerhalb dieser Orte zu
Mitarbeitende begleiten Kinder möglichst nicht allein schaffen.
auf das Zimmer, die Toilette, das Bad, Zelt oder andere Jungs und Mädchen haben getrennte
geschlossene Räume. Waschmöglichkeiten.
In der Regel sollte immer ein zweiter Mitarbeitender Bei Gemeinschaftsduschen darf kein Teilnehmender
oder andere Kinder anwesend sein. gezwungen werden, nackt zu duschen. Das individuelle
Eingangstüren bleiben immer geöffnet (nie von innen Schamgefühl eines jeden Teilnehmenden ist zu beachten.
abschließen, wenn man mit einer anvertrauten Person Bei Outdoor-Übernachtungen oder auch beim
allein ist). Auch für persönliche Gespräche kann ein Schwimmen ist auf die persönlichen Grenzen eines jeden
Ort gefunden werden, der diskret, aber einsehbar ist Teilnehmenden zu achten. Konkret bedeutet das z.B., dass
(z.B. die ersten Stuhlreihen im Gottesdienstraum, die Mitarbeitenden dafür sorgen müssen, dass sich jeder
wenn die Veranstaltung beendet ist). Teilnehmer in einem geschützten Raum umziehen kann.
Bei der Versorgung von Verletzungen,
Splitterentfernungen, Einreiben von Salben, usw. in Verhaltensregeln im Mitarbeitendenkreis
intimen Körperbereichen sollte immer eine weitere Um Punkt 6 („Ich werde in unserem Mitarbeitenden-Team Si-
Person anwesend sein (bereits das Einreiben des Rückens tuationen ansprechen, die mit diesem Verhaltenskodex nicht
oder des Bauchs kann unter Umständen als Intimität in Einklang stehen, um ein offenes Klima in der Gruppe zu
gewertet werden). In jedem Fall sollte dies von einem schaffen und zu erhalten.“) des Verhaltenskodex umzusetzen,
gleichgeschlechtlichen Mitarbeitenden erfolgen. braucht es eine vertrauensvolle Atmosphäre im Mitarbeiten-
Bei Spielen mit Körperkontakt sind Situationen zu denteam. Folgende Regeln können sind hilfreich:
vermeiden, die falsch interpretiert werden können.
Bei Spielen mit Körperkontakt ist das „Nein“ eines Ehrlichkeit steht im Mitarbeitendenkreis an erster Stelle.
Kindes, Teenagers oder Jugendlichen auf jeden Fall zu Es ist erlaubt, Fehler zu machen.
akzeptieren. Die Mitarbeitenden haben die Aufgabe, Mitarbeitende erlauben einem Mitarbeitenden,
Aufgaben für die Kinder und Jugendlichen zu finden, Rückmeldung, Feedback zu geben zu seinem Verhalten
denen der Körperkontakt zu viel ist (als Beispiel: gegenüber den Teilnehmenden (Erlaubnis, bei
Im Team werden unklare Situationen angesprochen Fehlverhalten dem Betreffenden „inden Hintern“ zu
und Verhaltensstandards festgelegt, ggf. auch unter treten).
Einbeziehung der Gemeindeleitung. Unklare und unbefriedigende Situationen werden offen
und direkt angesprochen.
Sondersituation Freizeiten Vertraulichkeit im Mitarbeitendenkreis ist wichtig.
Freizeiten sind besonders gefährdete Orte für sexuelle Grenz- Das, was in diesem Kreis geäußert wird, erfährt kein
verletzungen. Durch die Teilnehmender.
Zeit für den persönlichen Austausch ist wichtig. Je besser
intensive zeitliche Betreuung und gemeinsamen Lebens die Mitarbeitenden voneinander wissen, von den Stärken,
können hier leichter Grenzen überschritten werden als in den Schwächen, von Problemen und Sorgen, desto besser
können sie füreinander da sein und dadurch auch besser
7 Aus: Leitlinie „Vor sexuellem Missbrauch schützen“, für die Teilnehmenden da sein.
christ-online SPEZIAL, Seite 6 und 7
18 Initiative zum Schutz vor Gewalt und Missbrauch

