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SCHÜTZEN UND BEGLEITEN
3.4 WER SIND DIE TÄTER UND ab, in denen Missbrauch geschieht.
TÄTERINNEN? Man hat festgestellt, dass sowohl Institutionen mit einer be-
sonderen Laissez-faire geprägten Kultur anfällig für sexuelle
Verschiedene Studien bestätigen, dass ca. 80-90% der Täter Übergriffe sind, wie auch die, die von besonders autoritären
Männer sind, 10-20 % sind Frauen. Täter sind nicht die Komi- Leitungsstrukturen geprägt sind.
schen oder „Andersartigen“. Sie stammen aus allen sozialen
Schichten, leben hetero- oder homosexuell und unterscheiden Bei unklaren Verantwortungsstrukturen ist es schwer, ein
sich nicht von nicht missbrauchenden Männern und Frauen. klares Krisenmanagement zu etablieren, bei besonders autori-
In den seltensten Fällen sind die Täter die Unbekannten, vor tären Strukturen besteht die Gefahr, dass es keine Atmosphäre
denen Kinder gewarnt werden (über 90 % der Täter kennen des Vertrauens gibt, in der über Grenzverletzungen gespro-
ihre Opfer gut). chen werden kann und so die Aufdeckung von Übergriffen
Die Täter sind den Betroffenen in einer wesentlichen Bezie- verhindert wird.
hung überlegen. Zum Beispiel:
3.6 WER IST BETROFFEN?
in der Familienposition (Vater-Kind, Mutter-Kind, Tante-
Neffe, usw.) Mädchen und Jungen, Jugendliche, Frauen und Männer aller
in der beruflichen Position (Chef-Untergebene, Altersgruppen können Opfer sexuelle Gewalt werden.
Angestellte-Auszubildende) Ein Kennzeichen für Gewaltsituationen ist, dass die Betroffe-
im Alter und/oder in der körperlich-sexuellen Entwicklung nen der sexuellen Handlung nicht frei und informiert zustim-
in der emotionalen Abhängigkeit (Leitende-Kinder, men können.
Seelsorger-Hilfesuchende)
in der geistigen Kapazität (Pfleger/Pflegerin-Mensch mit 3.7 GIBT ES MERKMALE, DIE AUF
geistiger Behinderung) SEXUELLE GEWALT HINDEUTEN?
in körperlicher Kraft oder der Bereitschaft zur Aggression
im Wissen Grundsätzlich ist es nicht einfach, für Laien (und das sind eh-
im Sozialprestige oder in anderen Bereichen renamtlich Mitarbeitende in den Gemeinden) eine zuverlässige
Einschätzung abzugeben, bzw. stellt es eine Überforderung dar.
Solche Täter-Opfer-Beziehungen bestehen oft zwischen Lei- Ein sexueller Missbrauch kann sehr unterschiedliche Folgen
tenden und Mitarbeitenden und Teilnehmern (Jugendliche haben. Diese hängen zum einen von der Intensität und der
oder Kinder). Dauer des Missbrauchs ab, der Abhängigkeit zum Täter, zum
anderen von den persönlichen Merkmalen und sozialen Be-
Gerade in der Arbeit mit Teenagern und Jugendlichen (in ziehungen des betroffenen Mädchen oder Jungen. Jeder ver-
seltenen Fällen auch in der Arbeit mit Kindern) muss wahr- arbeitet eine solche Tat unterschiedlich und zu unterschied-
genommen werden, dass Kinder und Jugendliche selbst Täter lichen Zeiten.
sein können (fast ein Drittel der Übergriffe geschieht durch
jugendliche Täter). Selten weisen Verletzungen im Genital- oder Analbereich
direkt auf sexuellen Missbrauch hin (zumal diese Verletzun-
Aus diesem Grund ist es unausweichlich, transparente und gen für Mitarbeitende in der gemeindlichen Jugendarbeit
klare Regeln zum Thema Nähe und Distanz in den Gruppen nicht zu erkennen sind).
festzulegen.
Es gibt auch keine eindeutigen psychischen Hinweise, die
Es gibt sehr unterschiedliche Gründe für das Handeln von auf sexuellen Missbrauch hindeuten. Allerdings gibt es schon
Tätern. In vielen Fällen ist es der Wunsch, Macht auszuüben, Symptome, die als Warnsignal wahrgenommen werden müs-
bei einigen besteht eine pädophile Ausrichtung ihrer sexuellen sen. Zu diesen gehören Verhaltensveränderungen, wie
Bedürfnisse (sexuelle Fixierung auf Kinder). Festzuhalten ist,
dass Täter ihre sexuellen Bedürfnisse oder Machtbedürfnisse Ängstlichkeit
befriedigen, ohne auf die Grenzen des Gegenübers zu achten. Aggressivität
In vielen Fällen haben Täter selbst Gewalt oder übergriffiges Leistungsabfall
Verhalten erfahren. Allerdings darf dies nicht als Entschuldi- Rückzugstendenzen
gung oder Ausrede gelten, um Verantwortung abzuschieben. Konzentrationsschwäche
Täter und Täterinnen tragen immer die alleinige Verantwor- Stimmungsschwankungen
tung für ihr Verhalten. Ruhelosigkeit und Nervosität
Vermeidungsverhalten
3.5 ORTE SEXUELLEN MISSBRAUCHS sexualisiertem Verhalten
starker Alkohol- oder Tablettenkonsum
Sexueller Missbrauch findet zu über 50 % im häuslich famili- Fernbleiben von der Schule
ären Umfeld statt, ca. 30 % innerhalb von Institutionen (Kir- Flucht vor dem Zuhause
chen, Sportvereine u.a.), die übrigen Fälle (unter 20%) können Selbstverletzungen
diesen Bereichen nicht zugeordnet werden. Essstörungen (Bulimie, Magersucht, aber auch starke
Da Freie evangelische Gemeinden oft familiär geprägt sind Gewichtszunahme)
und eine Institution darstellen, decken sie fast 80% der Orte
8 Initiative zum Schutz vor Gewalt und Missbrauch